Zusammenfassung des Urteils IV 2006/26: Versicherungsgericht
Die Beschwerdeführer X. und Y., vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Rudolf Sutter, haben gegen die IV-Stelle des Kantons St. Gallen geklagt, da diese eine Rückforderung von Zusatzrenten forderte. Der Versicherte erhielt fälschlicherweise Zusatzrenten für seine geschiedene Ehefrau. Die IV-Stelle forderte eine Rückzahlung von Fr. 29'335.--. Die Beschwerdeführer argumentierten, dass keine Meldepflichtverletzung vorlag und die Verjährung des Rückforderungsanspruchs eingetreten sei. Das Versicherungsgericht entschied, dass eine Rückzahlung von Fr. 27'613.-- gerechtfertigt sei, da die Verwirkung für einige Leistungen eingetreten sei. Die Gerichtskosten wurden nicht erhoben, aber den Beschwerdeführern wurde eine Parteientschädigung von Fr. 500.-- zugesprochen.
Kanton: | SG |
Fallnummer: | IV 2006/26 |
Instanz: | Versicherungsgericht |
Abteilung: | IV - Invalidenversicherung |
Datum: | 19.02.2007 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | Entscheid Art. 25 ATSG, Art. 85 Abs. 2 IVV. Rückerstattung zu Unrecht bezogener Zusatzrenten für die geschiedene Ehefrau wegen Nichtmeldung der Scheidung. Nachträgliche Anpassung, Rechtzeitigkeit der Rückforderung, Verwirkung (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 19. Februar 2007, IV 2006/26). Bestätigt durch Urteil des Bundesgerichts 9C_216/2007. |
Schlagwörter: | Rückforderung; Verfügung; Rente; Recht; Meldepflicht; Zivilstand; Rückerstattung; Zusatzrente; Leistung; Meldung; Verwirkung; Scheidung; Ausgleichskasse; Anpassung; Zweigstelle; Entscheid; Gallen; IV-act; AHV-Zweigstelle; Verwaltung; Kantons; Sozialversicherungsanstalt; Einsprache; Zahlung; Zeitpunkt; Verwirkungsfrist; Versicherungsgericht; Anspruch |
Rechtsnorm: | Art. 17 ATSG ;Art. 25 ATSG ;Art. 44 AHVG ;Art. 47 AHVG ;Art. 60 OR ; |
Referenz BGE: | 100 V 162; 110 V 304; 119 V 431; 119 V 433; 119 V 434; 122 V 274; 122 V 275; 122 V 276; 124 V 382; |
Kommentar: | - |
Entscheid vom 19. Februar 2007 In Sachen
Erben des B. sel., Beschwerdeführer, nämlich:
– X. , und
– Y. ,
vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Rudolf Sutter, Toggenburgerstrasse 24, 9500 Wil, gegen
IV-Stelle des Kantons St. Gallen, Postfach 368, 9016 St. Gallen,
Beschwerdegegnerin, betreffend
Rückerstattung Zusatzrente
hat das Versicherungsgericht in Erwägung gezogen: I.
A.- a) Mit Verfügungen vom 29. Mai 1986 sprach die Ausgleichskasse Schweizerischer Baumeisterverband B. ab 1. Mai 1984 eine Invalidenrente samt Zusatzrente für die Ehegattin und zwei Kinderrenten zu. Am 26. August 1988 (IV-act. 4, ab September 1988, Senkung des Invaliditätsgrades) und am 2. April 1993 (IV-act. 5, ab Januar 1991, Erhöhung des Invaliditätsgrades) erfolgten Anpassungen. Die Kinderrenten waren inzwischen weggefallen. Am 23. April 1993 (IV-act. 6) wurde der Rentenanspruch ab 1. Januar 1993 festgesetzt. Die Verfügungen waren allesamt mit einem Hinweis auf die Meldepflicht unter anderem für Änderungen im Zivilstand (Verheiratung, Scheidung) an die Ausgleichskasse - auch in italienischer Sprache - versehen.
Am 5. Oktober 1993 wurde die Ehe des Versicherten rechtskräftig geschieden. Das Bezirksgericht machte am 20. Oktober 1993 Mitteilung an die zuständigen Zivilstandsämter (IV-act. 10).
Mit Verfügung vom 22. März 1995 (IV-act. 7) teilte die Sozialversicherungsanstalt/IV- Stelle des Kantons St. Gallen dem Versicherten mit, die Überprüfung seines Invaliditätsgrades habe keine rentenbeeinflussende Änderung aufgezeigt.
B.- a) Am 13. Dezember 2004 füllte der Versicherte die Anmeldung zum Bezug der Altersrente aus und gab darin an, geschieden zu sein. Die Anmeldung wurde vom Einwohneramt A. geprüft (vgl. IV-act. 13). Im Stammblatt der zuständigen Ausgleichskasse vom 1. Dezember 2004 (und 3. Januar 2005) war der Versicherte noch mit dem Zivilstand "verheiratet" verzeichnet (IV-act. 25).
Mit Verfügung vom 29. Juni 2005 setzte die IV-Stelle des Kantons St. Gallen den IV- Rentenanspruch des Versicherten (ohne Zusatzrente) rückwirkend ab 1. Januar 2001 bis 31. März 2005 herauf. Sie hatte die vor dem 1. Januar 1997 entstandene Rente auf den 1. Januar 2001 neu berechnet. In der Verfügung wurde vermerkt, anlässlich der Neuberechnung infolge Erreichens des Rentenalters sei festgestellt worden, dass ihm als Geschiedenem ab 1. Januar 2001 Übergangsgutschriften anzurechnen gewesen wären und er Anspruch auf eine höhere Rente gehabt hätte. Aufgrund eines falschen Zivilstandes in den Daten sei die Anpassung nicht automatisch vorgenommen worden. Zudem sei ihm seit 1. November 1993 die Zusatzrente für die Ehefrau zu Unrecht ausgerichtet worden, weil er nicht mitgeteilt habe, dass die Ehe geschieden worden sei. Für die Zeit vom 1. Januar 2001 bis 31. März 2005 mache der Anspruch auf die einfache Rente insgesamt Fr. 106'530.-- aus, bereits ausbezahlt worden seien in dieser Zeit einschliesslich der Zusatzrenten Fr. 131'847.--, womit Fr. 25'317.-- zuviel ausbezahlt worden seien. Ferner seien noch für die Zeit vom 1. Juni 2000 bis 31. Dezember 2000 Zusatzrenten von Fr. 4'018.-- zuviel ausbezahlt worden. Die Differenz von insgesamt Fr. 29'335.-- werde sie zurückfordern müssen, was in einer separaten Rückerstattungsverfügung erfolgen werde.
Die IV-Stelle forderte mit Verfügung vom 31. August 2005 Fr. 29'335.-- an für den Zeitraum vom 1. Juni 2000 bis 31. März 2005 (nach Verrechnung mit der Nachzahlung) zuviel bezahlten Zusatzrenten zurück. Es liege eine Verletzung der Meldepflicht vor (IV- act. 32).
Gegen diese Rückforderungsverfügung liess der Versicherte durch seinen Rechtsvertreter am 7. September 2005 Einsprache erheben und die Aufhebung der Verfügung und das Absehen von der Rückerstattungspflicht beantragen. Er sei italienischer Abstammung und der deutschen Sprache nur beschränkt mächtig, zudem als ehemaliger Bauarbeiter in AHV- und IV-Belangen nur wenig bewandert. So habe er etwa nicht bemerkt, dass er zufolge der 10. AHV-Revision per 1. Januar 2001 eigentlich Anspruch auf eine höhere Rente gehabt hätte. Er habe seine Invalidenrente immer als einen Betrag erhalten. Bei Erhalt der Zahlungen sei ihm deshalb nicht bewusst gewesen, dass sich die Leistung aus verschiedenen Komponenten zusammengesetzt habe (ordentliche Rente, Zusatzrente Ehegattin, Kinderrenten). Er habe deshalb nichts Ungewöhnliches darin erkennen können, dass ihm die Rente auch nach der Scheidung
weiter in gleicher Höhe ausbezahlt worden sei. Er habe auf die Richtigkeit der ausgerichteten Beträge vertraut. Nach der Scheidung sei er ausserdem von keiner Stelle darauf hingewiesen worden, dass es sich bei diesem Umstand um eine meldepflichtige Tatsache handle. Unter Berücksichtigung seiner Fähigkeiten und seines Bildungsstandes sei daher eine Meldepflichtverletzung von vornherein zu verneinen. Seine geschiedene Ehefrau, die stets erwerbstätig gewesen sei, habe der Sozialversicherungsanstalt des Kantons St. Gallen den Wechsel des Zivilstandes seines Wissens angezeigt. Wenn ein Ehegatte die Scheidung melde, reiche das aus. Die angefochtene Verfügung sei am 31. August 2005 verschickt worden und am 1. September 2005 zugegangen. Die Bezüge der Monate Juni, Juli und August 2000 seien daher auf jeden Fall verjährt. Überdies sei eine Kopie des Urteilsdispositivs am 20. Oktober 1993 direkt an das Zivilstandsamt A. gegangen. In jener Gemeinde würden Zivilstandsänderungen intern an alle Amtsstellen, also auch an die AHV-Zweigstelle, weiter geleitet. Die AHV-Zweigstelle habe damit bereits 1993 Kenntnis von der Scheidung erhalten. Allfällige Rückforderungsansprüche seien demnach längst verjährt. Selbst wenn die AHV-Zweigstelle nicht als Mitteilungsempfänger für die Sozialversicherungsanstalt angesehen werden könnte, so hätte diese selber spätestens bei der nächsten Revision der AHV-Zweigstelle Kenntnis von der Änderung seines Zivilstandes erlangt. Eine solche Revision dürfte zweifellos noch vor Ende der 90er Jahre durchgeführt worden sein. Spätestens dann habe die einjährige Verjährungsfrist zu laufen begonnen. Auch unter diesem Aspekt sei die Verjährung eingetreten. Dürfe die versicherte Person aufgrund des Verhaltens des Versicherungsträgers davon ausgehen, der Leistungsbezug erfolge rechtmässig, so sei infolge Vertrauensschutzes auf eine Rückforderung zu verzichten, so etwa wenn die Leistung trotz Meldung weiterhin ausgerichtet werde. Er sei beim Leistungsbezug gutgläubig gewesen. Er habe die Rechtslage nicht gekannt und davon ausgehen dürfen, dass die Meldung des Gerichts an das Zivilstandsamt ausgereicht habe. Ein allfälliges Verschulden wäre jedenfalls als sehr leicht einzustufen. Eine Rückerstattung von rund Fr. 30'000.-- stelle für ihn offensichtlich eine aussergewöhnliche Härte dar, lebe er doch von der AHV- Rente und den Leistungen der Pensionskasse. Selbst wenn eine anrechenbare Meldepflichtverletzung vorläge und der Rückerstattungsanspruch nicht schon verjährt wäre, wäre die Rückforderung zufolge grosser Härte zu erlassen (IV-act. 33).
In ihrer Vernehmlassung zur Einsprache erklärte die zuständige Ausgleichskasse am
25. November 2005, bis zur Anmeldung für die Altersrente sei ihr nicht bekannt gewesen, dass der Versicherte geschieden sei. Aus den vorliegenden Akten gehe nirgends hervor, dass die Sozialversicherungsanstalt des Kantons St. Gallen die AHV-Zweigstelle A. die Scheidung mitgeteilt hätten. Ob und in welcher Form die geschiedene Ehefrau den Umstand gemeldet habe, sei nicht nachgewiesen. Im Hinweis auf die Meldepflicht werde ausdrücklich erwähnt, dass die Meldung an die Ausgleichskasse auch zu erfolgen habe, wenn bereits eine Meldung an eine andere Amtsstelle erfolgt sei. Die Rückforderung für die Monate Juni, Juli und August 2000 seien verjährt, da die Verfügung beim Versicherten am 1. September 2005 zugegangen sei. Die Rückerstattungsforderung reduziere sich daher auf Fr. 27'613.--. Zufolge Meldepflichtverletzung sei die Rückerstattung grundsätzlich rechtmässig und könne auf ein Erlassgesuch nicht eingetreten werden (IV-act. 38).
Mit Entscheid vom 4. Januar 2006 hiess der Rechtsdienst der Sozialversicherungsanstalt/IV-Stelle die Einsprache teilweise gut und stellte fest, der Versicherte habe die vom 1. August 2000 bis 31. März 2005 zu Unrecht bezogenen Zusatzrenten im Betrag von Fr. 28'187.-- zurückzuerstatten. Nach BGE 119 V 434 sei für die Verjährung der Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung massgebend, vorliegend der 31. August 2005. Damals sei die Rückforderung für Juni und Juli 2000 verwirkt gewesen. Die Rückforderung betrage somit noch Fr. 28'187.--. Das mit der Einsprache eingereichte Erlassgesuch werde behandelt werden, sobald die Rückforderung rechtskräftig sei (IV-act. 40).
C.- Gegen diesen Einspracheentscheid richtet sich die von Rechtsanwalt lic. iur. Rudolf Sutter für den Versicherten am 7. Februar 2006 erhobene Beschwerde. Der Rechtsvertreter des Versicherten beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheids und das Absehen von der Verpflichtung zur Rückerstattung, eventualiter die Rückweisung der Sache an die Beschwerdegegnerin. Die Beschwerdegegnerin habe das rechtliche Gehör verletzt, indem sie auf die Einsprachebegründung und die vorgebrachten Argumente keinerlei Bezug genommen habe. Das müsse zumindest mit Bezug auf die Kostenverteilung Einfluss haben. Der Versicherte habe aufgrund des Zustellhinweises im Scheidungsurteil davon ausgehen dürfen, dass sich eine Meldung durch ihn erübrige. Er sei beim Bezug gutgläubig gewesen. Dass er bei diesen
Umständen selber keine Meldung mehr erstattet habe, sei ihm höchstens als leicht schuldhafte Verletzung der Meldepflicht anzurechnen. Eine Rückerstattungspflicht der zu Unrecht empfangenen Leistungen entfalle somit. Die AHV-Zweigstelle habe nachweislich bereits im Jahr 1993 Kenntnis von der Scheidung des Versicherten erhalten. Der Rückforderungsanspruch sei daher im Oktober 1994, spätestens aber fünf Jahre nach der ersten Revision der AHV-Zweigstelle nach 1990, verjährt (act. G 1).
D.- In ihrer Beschwerdeantwort vom 10. Februar 2006 beantragt die Beschwerdegegnerin die Abweisung der Beschwerde. Die Sozialversicherungsanstalt führe kein Dossier über die geschiedene Ehegattin des Versicherten, die überdies erst ab 1. April 2005 eine Altersrente ausgerichtet erhalte. Aus dem Umstand, dass sie die Scheidung möglicherweise anderen Amtsstellen gemeldet habe, könne der Versicherte nichts zu seinen Gunsten ableiten. Der Rückforderungsanspruch ab August 2000 sei im Zeitpunkt der Verfügung vom 31. August 2005 nicht verwirkt gewesen. Dem Versicherten habe klar sein müssen, dass sich die Rente aus verschiedenen Bestandteilen zusammensetze, da sich doch der Rentenbetrag beim Wegfall der einen und dann auch noch der anderen Kinderrente jeweils verringert habe. Die Meldepflicht sei im Weiteren auf jeder Verfügung der Ausgleichskasse auch in italienischer Sprache aufgeführt gewesen mit der ausdrücklichen Erwähnung, dass die Meldepflicht auch bestehe, wenn bereits eine Meldung an andere Amtsstellen erfolgt sei. Auch die Verfügung vom 22. März 1995 habe einen Hinweis auf die Meldepflicht bei Änderungen im Zivilstand enthalten (act. G 6).
E.- Replicando führt der Rechtsvertreter am 6. März 2006 aus, es sei nachweisbar, dass die AHV-Zweigstelle durch eine gemeindeinterne Mutationsmeldung von der Zivilstandsänderung Kenntnis erhalten habe. Überdies habe die Ehefrau des Versicherten während der Dauer der Ehe alle administrativen und finanziellen Angelegenheiten der Familie geregelt, weshalb er überhaupt keine Kenntnis davon gehabt habe, dass sich seine Rente bei der Mündigkeit der Kinder reduziert habe. Entsprechend habe er auch nichts Aussergewöhnliches darin sehen können, dass sich seine Rente nach der Scheidung nicht verändert habe. Auch unter diesem Gesichtspunkt liege keine Meldepflichtverletzung vor (act. G 8).
F.- Die Beschwerdegegnerin hat auf eine Duplik verzichtet (act. G 10).
G.- Am 12. Juni 2006 hat dessen Rechtsvertreter mitgeteilt, der Versicherte sei verstorben. Am 15. Januar 2007 hat er bekannt gegeben, er vertrete nun die beiden Erben des Versicherten im fortzuführenden Beschwerdeverfahren.
II.
1.- Massgeblich ist vorliegend die Rechtslage vor Änderung des IVG vom 16. Dezember 2005 (vgl. lit. c der Übergangsbestimmungen). Im Streit liegt eine Rückforderung von Zusatzrenten im Betrag von Fr. 28'187.--, welche der Versicherte gemäss dem angefochtenen Einspracheentscheid vom 4. Januar 2006 im Zeitraum vom 1. August 2000 bis 31. März 2005 zu Unrecht bezogen habe. Die Erlassfrage gehört nicht zum Streitgegenstand.
2.- Im angefochtenen Einspracheentscheid ist auf die Argumente der Beschwerdeführer nicht explizit eingegangen worden. Die Vernehmlassung der Ausgleichskasse wurde nicht in den Einspracheentscheid hineinverarbeitet und offenbar auch nicht zum Entscheid hinzugelegt. Diese Vorgehensweise war nicht korrekt. Die sehr knapp ausgefallene Begründung rechtfertigt aber vorliegend keine Aufhebung des angefochtenen Entscheids. Die wesentlichen Entscheidgründe sind dem Einsprecher inhaltlich nicht vorenthalten worden.
3.- a) Die Rückerstattungspflicht wird zunächst damit bestritten, dass höchstens eine leicht schuldhafte Meldepflichtverletzung des Versicherten vorgelegen habe.
Nach Art. 25 Abs. 1 ATSG sind unrechtmässig bezogene Leistungen zurückzuerstatten.
Der Versicherte hatte gemäss der in formelle Rechtskraft erwachsenen Verfügung vom 23. April 1993 ab 1. Januar 1993 eine ganze einfache Invalidenrente der IV samt Zusatzrente für die Ehefrau bezogen. Am 5. Oktober 1993 wurde seine Ehe rechtskräftig geschieden. Unbestrittenermassen entfiel damit der Zusatzrentenanspruch. Nach Art. 17 ATSG wird eine Rente erhöht, herabgesetzt aufgehoben, wenn sich der Invaliditätsgrad ändert (Abs. 1), nach Abs. 2 wird auch jede andere formell rechtskräftig gewordene Dauerleistung erhöht, herabgesetzt aufgehoben, wenn sich der ihr zu Grunde liegende Sachverhalt nachträglich erheblich
verändert hat. Mit der Scheidung hat sich eine anspruchserhebliche Sachverhaltsveränderung - damit ein Anpassungsbedarf - ergeben, die erst durch die Verfügung vom 29. Juni 2005 berücksichtigt wurde. Eine Änderung des Sachverhalts mit Auswirkungen auf die Anspruchsberechtigung ist gemäss allgemeinen Rechtsgrundsätzen ab dem Zeitpunkt zu berücksichtigen, in dem die Sachverhaltsänderung eintritt (Entscheid des Eidgenössischen Versicherungsgerichts i/ S L.F. vom 22. April 2005, P 51/04). Die richtige Rechtsanwendung bei Dauerleistungen verlangt - dies stellt die Grundregel des Anpassungsrechts dar - die sofortige Anpassung ab dem Veränderungszeitpunkt, um die materielle Richtigkeit der Dauerleistungsverhältnisse herzustellen. Wo positiv-rechtliche Anpassungsregeln die rückwirkende (d.h. bei der Veränderung eingreifende) Anpassung punktuell ausschliessen, handelt es sich um Abweichungen vom Grundsatz der Anpassung auf den Veränderungszeitpunkt (für Art. 25 Abs. 2 lit. c ELV etwa der nicht veröffentlichte Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen i/S S.P. vom 22. September 2005). Für Invalidenrenten sieht Art. 88bis Abs. 2 lit. a IVV (vgl. Art. 85 Abs. 2 IVV) eine solche Ausnahme (Anpassung erst auf einen Zeitpunkt nach Erlass der Verfügung) vor. Eine Herabsetzung Aufhebung erfolgt nach Art. 88bis Abs. 2 lit. b IVV hingegen rückwirkend vom Eintritt der für den Anspruch erheblichen Änderung an, wenn die unrichtige Ausrichtung einer Leistung darauf zurückzuführen ist, dass der Bezüger sie unrechtmässig erwirkt hat der ihm gemäss Art. 77 zumutbaren Meldepflicht nicht nachgekommen ist. Die Ausnahme gemäss Art. 85 Abs. 2 und Art. 88bis Abs. 2 lit. a IVV betrifft allein die Überprüfung der invaliditätsmässigen Anspruchsvoraussetzungen, um die es beim Wegfall des Zusatzrentenanspruchs aber nicht geht. Für den ahv-analogen Sachverhalt bleibt es demnach - auch unter der Geltung des ATSG (früher Art. 47 Abs. 1 Satz 1 AHVG, vgl. BGE 119 V 431 E. 2 zuoberst) - bei der Grundregel des Anpassungsrechts (vgl. Entscheid des Eidgenössischen Versicherungsgerichts i/S B. vom 25. Februar 2005, I 632/04, E. 5, e contrario).
Die Beschwerdegegnerin hat demnach die Anpassung zu Recht rückwirkend verfügt, womit sich die Rückforderung grundsätzlich als rechtmässig erweist. Ob eine Meldepflichtverletzung erfolgt sei nicht, ist diesbezüglich nicht von Bedeutung.
4.- a) Des Weiteren berufen sich die Beschwerdeführer auf die Verjährung des Rückforderungsanspruchs. Der Rückforderungsanspruch erlischt mit dem Ablauf eines Jahres, nachdem die Versicherungseinrichtung davon Kenntnis erhalten hat, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Jahren nach der Entrichtung der einzelnen Leistung (Art. 25 Abs. 2 erster Satz ATSG). Einerseits ist die Rückforderung demnach zeitlich daran gebunden, dass die Verwaltung innert Jahresfrist seit zumutbarer Kenntnis des rückforderungsbegründenden Sachverhalts verfügt. Erlässt die Verwaltung innert dieser einjährigen relativen Verwirkungsfrist die Rückerstattungsverfügung, kann sie gegebenenfalls die Erstattung bis auf die in den letzten fünf Jahren ausgerichteten Leistungen ausdehnen, während die Rückforderung andererseits absolut verwirkt ist, soweit die Leistungsauszahlung mehr als fünf Jahre zurückliegt (BGE 122 V 275 E. 5a).
Die Beschwerdeführer machen eine Verwirkung des Rückforderungsanspruchs als Ganzes mangels Nichteinhaltung der einjährigen relativen Verwirkungsfrist geltend.
Nach Angaben der zuständigen Ausgleichskasse war ihr bis zur Altersrentenanmeldung vom 13. Dezember 2004 nicht bekannt, dass die Ehe des Versicherten geschieden worden war. Aus den Akten gehe nirgends hervor, dass eine Mitteilung der Sozialversicherungsanstalt/IV-Stelle des Kantons St. Gallen (bis 31. Dezember 1994: Ausgleichskasse des Kantons St. Gallen) der AHV-Zweigstelle erfolgt wäre. Es kann davon ausgegangen werden, dass der Ausgleichskasse vor Dezember 2004 keine Meldung zugegangen ist. So war etwa wie erwähnt in ihrem Stammblatt vom 1. Dezember 2004 (IV-act. 25) als Zivilstand des Versicherten noch derjenige als Verheirateter vermerkt. Der Versicherte selber hat eine Meldung anerkanntermassen unterlassen, obwohl er wiederholt ausdrücklich auf die Meldepflicht zuhanden der Ausgleichskasse (vgl. 77 IVV in der ab 1. Juli 1992 gültigen Fassung und die Übergangsbestimmung) hingewiesen worden war, die auch zu erfüllen sei, wenn bereits eine Meldung an andere Amtsstellen erfolgt sei.
Die Beschwerdeführer lassen vorbringen, die AHV-Zweigstelle habe bereits im Jahr 1993, die Sozialversicherungsanstalt sicherlich noch vor Ende der 90er Jahre Kenntnis von der Ehescheidung des Versicherten erhalten. Ist für die Leistungsfestsetzung das Zusammenwirken mehrerer Behörden notwendig, genügt es, dass die nach der
Rechtsprechung erforderliche Kenntnis bei einer der zuständigen Verwaltungsstellen vorhanden ist (BGE 119 V 433 E. 3a mit Hinweisen). Fest steht, dass das Bezirksgericht dem Zivilstandsamt A. im Oktober 1993 über die Scheidung Mitteilung gemacht hat. Dass Zivilstandsänderungsmeldungen in jener Gemeinde intern an alle anderen Amtsstellen weitergeleitet werden, ist durchaus möglich. Indessen lässt sich nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nachweisen, dass dies bereits im massgeblichen Zeitpunkt vom Oktober 1993 üblich gewesen war, und erst recht nicht, dass die vorliegend interessierende Meldung tatsächlich ergangen ist. Dass die nunmehr geschiedene Ehefrau des Versicherten der Sozialversicherungsanstalt des Kantons St. Gallen eine Meldung gemacht habe, stellt diese in Abrede. Es ist denn auch nicht ersichtlich, weshalb sie dies hätte tun sollen. Den vorliegenden Akten lässt sich nichts entnehmen, das darauf schliessen liesse, dass die AHV-Zweigstelle die Sozialversicherungsanstalt/IV-Stelle vom meldepflichtigen Umstand in einem früheren Zeitpunkt als Dezember 2004 tatsächlich Kenntnis genommen hätte. Von ergänzenden Abklärungen sind keine zusätzlichen Informationen zu erwarten.
Selbst wenn indessen entweder das Zivilstandsamt die geschiedene Ehefrau Meldung erstattet hätten, so wäre festzustellen, dass die Meldung von der Verwaltung irrtümlich nicht bearbeitet worden ist, ist doch kein Verwaltungsverfahren aufgenommen worden und ist die Zusatzrente unverändert weiter ausgerichtet worden. Nach der zu Art. 47 Abs. 2 Satz 1 AHVG ergangenen Rechtsprechung, die auch bei der Anwendung von Art. 25 Abs. 2 Satz 1 ATSG massgebend bleibt, ist unter dem Ausdruck "nachdem die Versicherungseinrichtung davon Kenntnis erhalten hat", der Zeitpunkt zu verstehen, in welchem die Verwaltung bei Beachtung der ihr zumutbaren Aufmerksamkeit hätte erkennen müssen, dass die Voraussetzungen für eine Rückerstattung bestehen (BGE 122 V 274 f. E. 5a, BGE 119 V 433 E. 3a). Mit Bezug auf den Beginn der einjährigen Verwirkungsfrist ist nicht das erstmalige unrichtige Handeln der Amtsstelle massgebend. Vielmehr ist auf jenen Tag abzustellen, an dem sich die Verwaltung später - beispielsweise anlässlich einer Rechnungskontrolle - unter Anwendung der ihr zumutbaren Aufmerksamkeit über ihren Fehler hätte Rechenschaft geben müssen (BGE 124 V 382 f. E. 1, BGE 122 V 275 E. 5b/aa, BGE 110 V 304). Einen solchen zweiten Anlass hat es vorliegend nicht gegeben. Insbesondere kann der Verwaltung nicht vorgehalten werden, sie hätte den Umstand der Scheidung des Versicherten aus Anlass einer Revision der Zweigstelle entdecken müssen. Auch die
Überprüfung des Invaliditätsgrades, die am 22. März 1995 abgeschlossen wurde, bot keinen solchen Anlass, richtet sich eine solche doch auf die invaliditätsmässigen Grundlagen.
Hat die Beschwerdegegnerin erst im Dezember 2004 vom Umstand Kenntnis nehmen können, dass ungerechtfertigte Leistungen ausgerichtet worden sind, ist die einjährige Verwirkungsfrist mit dem Erlass der Verfügung vom 31. August 2005 gewahrt. Unter diesem Gesichtspunkt ist keine Verwirkung eingetreten.
Anzumerken bleibt, dass die frühere Lösung der Sozialversicherungsrechtsprechung mit ihrem Abstellen auf effektive Kenntnis des Rückforderungsanspruchs für den Beginn der einjährigen Verwirkungsfrist (BGE 100 V 162) sachgerechter war als diejenige seit der Praxisänderung in BGE 110 V 304. Letztere wurde mit Rücksicht auf eine Symmetrie zur besonderen Rechtsprechung zum Verwirkungsbeginn des Schadenersatzrechts nach Art. 82 Abs. 1 AHVV vorgenommen, hat aber ohne sachlich zwingenden Grund die Wertungen des Verjährungsrechts im zivilen Schadenersatzrecht (vgl. die allgemeine Grundnorm in Art. 60 Abs. 1 OR, die sichere Kenntnis der die Haftpflicht begründenden Tatsachen verlangt, vgl. Stephen V. Berti, Kommentar zum schweizerischen Privatrecht, N. 7 zu Art. 60 OR) ignoriert. Zudem besteht keine Veranlassung, eine sich auf das Haftpflichtrecht beziehende Praxis auf das Recht der ungerechtfertigten Bereicherung, zu dem aArt. 47 AHVG (bzw. Art. 25 ATSG) unbestreitbar gehört, zu
übertragen. Die höchstrichterliche Praxis hat ferner die seltsame Konsequenz, dass der Rückforderungsanspruch für einzelne unberechtigt ausgerichtete Teilleistungen verwirkt, sobald die Teilleistung ausbezahlt wird. Liegt der Zeitpunkt, in dem die Verwaltung bei pflichtgemässer Sorgfalt um die Rückforderung hätte wissen müssen, mehr als ein Jahr zurück, tritt die Verwirkungsfolge notwendigerweise sofort mit der Auszahlung ein. Da die Verwaltung bereits lange vor der Auszahlung wissen müsste, dass sie unberechtigt ausrichtet, besteht entgegen BGE 122 V 276 f. auch keine Möglichkeit, die einjährige Verwirkungsfrist für derartige Teilleistungen erst mit dem Auszahlungstag laufen zu lassen. Diese unsinnige Konsequenz zeigt, dass nur die effektive Kenntnis des Rückforderungstatbestandes den Lauf der einjährigen Verwirkungsfrist auslösen kann (so die nicht veröffentlichten Entscheide des
Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen i/S Erbengemeinschaft B.M. vom 20. März 2001 und i/S Erben der R.B.-E. vom 19. Oktober 2000).
Für die absolute Verwirkungsfrist von fünf Jahren nach der Entrichtung der einzelnen Leistung ist die Zustellung der Rückerstattungsverfügung (nicht ihr Erlass die Postaufgabe) massgeblich (Ulrich Meyer, Die Rückerstattung von Sozialversicherungsleistungen, in ZBJV 1995, 479; Ueli Kieser, ATSG-Kommentar, N 30 zu Art. 25 ATSG). Die Zustellung der Rückforderungsverfügung vom 31. August 2005 an den Versicherten erfolgte unbestrittenermassen am 1. September 2005. Auf die Anpassungsverfügung, die bereits den Willen zur Forderungsstellung ausgedrückt und eine Rückforderungsverfügung angekündigt hatte, berief sich die Verwaltung nicht, was angesichts der Rechtsprechung zu den Möglichkeiten formloser Verwirkungsunterbrechung nicht selbstverständlich ist.
Noch nicht verwirkt waren demnach alle Rentenauszahlungen nach dem 1. September 2000. Nach den in der Invalidenversicherung sinngemäss geltenden (Art. 47 Abs. 3 IVG, Art. 82 IVV) Bestimmungen der AHV (sie sind nicht gesetzwidrig: Entscheid des Eidgenössischen Versicherungsgerichts i/S P. vom 8. Februar 2001, I 302/00) werden die Renten "in der Regel monatlich und zum Voraus" ausbezahlt (Art. 44 Abs. 1 AHVG) und erteilen die Ausgleichskassen die Zahlungsaufträge der Post der Bank rechtzeitig, sodass die Auszahlung bis zum 20. Tag des Monats erfolgen kann (Art. 72 AHVV). Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass die Rentenzahlung für den Monat August 2000 bis zum 20. jenes Monats ausbezahlt worden ist und somit mit der Verfügung vom 31. August 2005 nicht mehr zurückgefordert werden konnte. Diesbezüglich ist die Verwirkung eingetreten.
5.- Im Sinne der vorstehenden Erwägungen ist die Beschwerde insofern teilweise zu schützen, als die Rückforderung Fr. 27'613.-- ausmacht. Im Übrigen ist sie abzuweisen. Gerichtskosten sind keine zu erheben (Art. 61 lit. a ATSG). Hingegen haben die Beschwerdeführer bei diesem Ausgang des Verfahrens Anspruch auf Ersatz der Parteikosten, die vom Gericht ohne Rücksicht auf den Streitwert nach der Bedeutung der Streitsache und nach der Schwierigkeit des Prozesses bemessen werden (Art. 61 lit. g ATSG; vgl. auch Art. 98 ff. VRP/SG, sGS 951.1). Angesichts des
lediglich geringfügigen Obsiegens erscheint eine Parteientschädigung von Fr. 500.-- (einschliesslich Barauslagen und Mehrwertsteuer) als angemessen.
Demgemäss hat das Versicherungsgericht
im Zirkulationsverfahren gemäss Art. 53 GerG entschieden:
Die Beschwerde wird insofern teilweise geschützt, als die Rückforderung auf Fr. 27'613.-- festgesetzt wird. Im Übrigen wird sie abgewiesen.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführern eine Parteientschädigung von Fr. 500.-- auszurichten.
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